#tassengate

Das FAQ wurde in unserer Sitzung vom 30. April 2019 beschlossen und wurde hier am 2. Mai 2019 rückdatiert veröffentlicht. Das FAQ gibt die Position der an dessen Entstehung Beteiligten wieder. Die Bezeichnung „Tassengate“ reproduziert die bspw. in Regenbogenpresse übliche Skandalisierung von Nicht-Skandalen.

Was ist passiert? 

Eines unserer Aktivis hat eine Tasse aus der für alle zugänglichen Teeküche des Clubhauses verwendet, ohne darauf zu achten, was darauf abgebildet ist. Die LHG hat hieraus argumentiert, unser Aktivi würde der MLPD nahestehen und die GHG würde die Ideologie der Stalin- und Maoist*innen der MLPD teilen. Unser Aktivi sei „verständnisvoll für das Logo einer menschenverachtenden Partei“(1). Die Tasse ist ein Werbegeschenk anlässlich des 25. Jubliäums der MLPD aus dem Jahr 2007.

Wie wird die Teeküche im Clubhaus genutzt? 

Im Clubhaus befindet sich eine für die Nutzer*innen des Gebäude zugängliche Teeküche. Das bunt zusammengewürfelte Inventar ist größtenteils aus dem Müll gerettet, aus WGs entsorgt oder von Verschenkekisten mitgenommen. Woher die Tassen konkret kommen – und leider auch, wohin immer wieder welche verschwinden –, wissen wir nicht. Wenn die LHG Tassen bereit stellt, werden diese dort ebenso genutzt werden, wie jede andere Tasse auch.

Wie steht die GHG zur MLPD?

Wir teilen die Ideologie der MLPD nicht. Wir stehen zu ihr und ihren Mitgliedern – wie eigentlich zu jeder legalen Partei – grundsätzlich kritisch. In der Parteienforschung wird die MLPD als sektenähnlich und Splitterpartei bezeichnet. Auch durch antisemitische Tendenzen fallen Aktive der Partei immer wieder auf. Die MLPD ist völlig zurecht auch innerhalb der ansonsten auf Solidarität bedachten linken Szenen isoliert. In der Vergangenheit soll es Versuche gegeben haben, über Teilnahme in unabhängigen Gruppen wie den Montagsdemos gegen Hartz IV oder dem Frauenverband Courage diese Isolation zu umgehen. Ob dies tatsächlich diesem Zwecke dienen sollte, oder andere persönliche Motivationen dahinter stehen, können wir nicht wissen. Als Demokrat!nnen müssen wir stets Kritik und Selbstkritik üben und gegen Feind!nnen – egal ob sie vermeintlich links, rechts, mittig, klerikal, korporiert oder als Konzern auftreten – gemeinsam arbeiten.

Lehnt die GHG eine Zusammenarbeit mit Anhängern der MLPD ab? 

Wir sind sehr vorsichtig, was Zusammenarbeiten angeht. Über solche entscheidet bei uns grundsätzlich unser Plenum. In einer freiheitlichen Demokratie ist erlaubt, was nicht verboten ist. Wir halten die Ideologie der MLPD zwar für großen Quark, trotzdem darf jede*r glauben, was er*sie will.

Ist unser Aktivi Teil der MLPD, unterstützt die Ideologien der MLPD oder ist Fan von Stalin und Mao?

Nein.

Warum behauptet die LHG dann so etwas?

Leider wird immer wieder (und wieder und wieder) durch konservative und selbsterklärt „liberale“ Gruppen behauptet, im Studierendenrat oder die darin sitzenden Gruppen würden die Verbrechen des Kommunismus verherrlichen, Kommunisten sein oder zumindest staatfeindliche Meinungen hegen. Dieses Narrativ soll studentische Beteiligung delegitimieren und Akteuer*innen diskreditieren. 

Eine verkürzte Ideologiekritik, eine Haltung gegen „jeden“ Extremismus – die oft aber hauptsächlich Linke zum Ziel hat -, Unverständnis für die Wurzeln und eigene historische Bedingtheit der Studierendenorganisierungen in der BRD und plumper Wahlkampf vermengen sich hier. 

Aktuell wird hier mit „antidemokratisch und höchst extremistisch“ (RCDS)[2] und der Tasse als „widerliche Werbung für genozidale Massenmörder“ (LHG)[3] gelabelt. Wichtige hochschulpolitische Themen geraten dadurch in den Hintergrund. 

2016 stellte die LHG den StuRa-Biber als Stalin dar und verkündete, ein rätedemokatisches Modell habe es zuletzt unter diesem gegeben. Dass spätestens unter Stalin praktisch jede Beteiligungsmöglichkeiten der Bevölkerung abgeschafft wurde und Versuche einer demokratisch-kommunistischen Organisierung wie der Prager Frühlings, der Versuch Allendes auf demokratischem Wege eine sozialistische Gesellschaft in Chile zu etablieren oder die Aufstände in Ungarn mit Waffengewalt begegnet wurde, wird dabei geflissentlich ignoriert. Die vielfältigen Ansichten unterschiedlicher Linker werden so zu einer gemeinsamen, obskuren Ideologie vermengt und die schlimmsten Verbrechen, welche unter dem Deckmantel dieser Ideologien begangen wurden, allen „Linken“ angelastet.

Würde die GHG entsprechend antworten, müssten die Millionen an Toten im Mittelmeer, die durch Klimaschäden entwurzelten, die wohnungslosen, durch Krieg vertriebenen, durch ausbeuterische Arbeit entrechteten ebenso einer Mitte-Ideologie angelastet werden. Auf einer solchen Ebene ist ein Diskurs aber nicht mehr möglich.

Anfang 2019 hatte es Kontroversen über einen Artikel in der Printausgabe der Kupferblau gegeben, in welchem ein Unterstützer und jetziges Mitglied der LHG über seine Meinung zum Studierendenrat schrieb, ohne die eigene  politische Tendenz entsprechend zu kennzeichnen. Der Autor posiert auf Werbebildern seiner Gruppe. In dem Artikel wurden Aussagen der GHG aus dem Kontext gerissen und Kritik einseitig geäußert. (vgl. 1,2,3,4,5)

In der geduldeten Kupferbaubesetzung[4], Referent*innen des vermeintlich linken Spektrum oder den Gruppen [5], die an der kritischen Semestereröffnungswoche teilnahmen (und z.B. auch mit der Stadt Tübingen zusammenarbeiten) [6], entdeckten die selbsternannten Hüter*innen des Grundgesetzes ebenfalls das Gespenst des Kommunismus. Das Narrativ, selbst auf dem Boden unserer Verfassung zu stehen, bricht sich dann (ironisch?) im Ausschluss von Diskussionsteilnehmer*innen auf Grundlage ihrer – vermeintlich – linken Gesinnung.

All diese Nicht-Skandale dienen einem Zweck: Wir und andere Gruppen des linken Spektrums werden als politischer Gegner gezeichnet, der außerhalb eines demokratischen Konsens stünde, weshalb man mit uns schon gar nicht mehr reden müsse. Damit wird – absichtlich – die basisdemokratisch gefassten Beschlüsse und die daran Beteiligten delegitimiert. Damit wird aber auch – unbeabsichtigt – der Diskurs und das Sagbare nach rechts verschoben. 

Wir sehen uns aber auch weiterhin – und umgekehrt, LHG und RCDS – nicht in der Rolle der Gegner*innen, sondern als – gemeinsam – Kämpfende für eine Politik für die Studierenden. Durch die wiederholten Angriffe fällt uns dies aber zusehens schwerer.

Warum äußert Ihr euch mit diesem FAQ? 

Wir sind es leid, diese Form der Auseinandersetzung zu führen. Anstatt über Inhalte und gemeinsamen Ziele zu sprechen, wird Einzelpersonen Absurdes vorgeworfen, wovon – so offenbar die Hoffnung – zumindest Zweifel bleiben sollen. Wenn die LHG bereit ist, zu einem demokratischen Diskurs anstelle von Verleumdungskampagnen zurückzukehren, reden wir gerne mit Ihnen. Aktuell ist unser Angebot zur Zusammenarbeit aber offenbar nicht erwünscht.