Lieber Meckern statt Mackern!

Folgende Stellungnahme wurde in der vorliegenden Form inklusive der Fußnote durch die GHG-Sitzung vom 17. Mai 2020 verfasst und am Folgetag durch weitere Aktivis bestätigt.


Auch wir wurden vom AK Gleichstellung, wie auch weitere Hochschulgruppen, dazu aufgefordert, uns zu den Vorkommnissen im StuRa zu äußern. Seit Jahren existieren auch an den Universitäten Sexismus-Probleme, die sich auch auf den StuRa übertragen und von ihm (unbewusst) übernommen und reproduziert werden.

Diese Probleme werden seit Jahren regelmäßig thematisiert – beispielsweise auch durch Gleichstellungskommissionen – doch nur schleppend bis gar nicht treten Veränderungen ein. Oft wiederholen sich die gleichen Debatten immer wieder. Durch den Vorfall am 04.05.2020 wurde dieser Status-Quo ein weiteres Mal sichtbar, mit dem Unterschied, dass unverzüglich gehandelt wurde: Betroffene haben die StuRa-Sitzung verlassen und der AK Gleichstellung hat sich unverzüglich positioniert. Es ist also keineswegs ein „plötzlich auftauchender Sexismus“, sondern eine Struktur, die gewachsen ist und aufrecht erhalten wird. Die Vorfälle im StuRa verweisen auf ein gesellschaftliches Problem: Beispielsweise dienen sexistische Strukturen im Allgemeinen zur Diskriminierung und zum Machterhalt, wobei dieselben oft im Unbewussten schlummern.

Wir als Grüne Hochschulgruppe Tübingen nehmen das Anliegen und die Forderungen des Arbeitskreises ernst und haben deshalb auch in unserer Gruppe Selbstreflexionen angestoßen. Das ist nie ein abgeschlossener Prozess, auch und gerade feministische Strukturen müssen sich stetig selbst reflektieren, fortentwickeln, bisher unentdeckte (eigene) Formen von Diskriminierung erkennen, verstehen und bekämpfen. Aus diesem Grund möchten auch wir uns dafür entschuldigen, falls wir, beziehungsweise einige unserer Vertreter*innen, sexistischem Verhalten durch (ausbleibende) Handlungen den nötigen Nährboden geliefert haben. Wir wollen zukünftig mehr darauf achten, dass unsere Mitglieder*innen [1] im StuRa nicht Sexismus ausgesetzt bleiben, sondern Solidarität erfahren. Wir möchten und müssen hier weiterhin an uns arbeiten, denn Sexismus machen nicht nur „die Anderen“, sondern Alle.

Wir als GHG empfinden es als mühselig, schade und traurig, dass wir nach Jahren noch immer dieselben Debatten führen müssen – und dabei reden wir ’nur‘ über gendergerechte Sprache. Unterdessen müssten wir viel weitreichendere Diskussionen führen: Über toxische Männlichkeit und ein damit einhergendes dominantes Redeverhalten, über verinnerlichte Sexismen, über Heteronormativität, über Trans- und Non-Binary-Feindlichkeit, über Intersektionalität und auch über Rassismus und damit einhergehende fehlenden Perspektiven von BIPoC.
Auch wir müssen diese Diskussionen intern stärker führen.


[1] gegen die Bezeichnung als „Mitglieder*innen“ wird gerne die als normativ angesehene Rechtschreibung, bspw. nach dem Duden, angeführt. Wir verwenden hier „Mitglieder*innen“ insbesondere deshalb, um auf sprachliche Normen und Unsichtbarkeiten hinzuweisen. Ein „Übergendern“ kann Sichtbarkeit erhöhen. Gendern soll hier unbequem sein, denn Sexismus ist für die, welchen ihn erfahren müssen, unbequem. Sprache ist vielfältig, wandelbar, situativ und vor allem gemeinschaftlich. Sprache bedeutet auch Macht. Wer spricht, entscheidet wie die Welt aussieht. Wer also aus politischen Gründen, und nicht nur Verpflichtung, gendert und Sprache so verändert, verändert auch ein bisschen die Welt (auch wenn das längst nicht reicht). Wir wollen deshalb gerade nicht die einfacheren Formen nehmen, die wieder dabei helfen, Menschen unsichtbarer zu machen und die Lage zu befrieden. Wir wollen keinen Frieden mit bestehender Diskriminierung, kein Erdbeeressen mit dem Patriarchat.


Weiterführende Links und Infos, Stellungnahmen anderer Wahllisten, usw.
Infoseite zur StuRa-SitzungBericht der KupferblauStellungnahme AK Gleichstellung (bei Facebook) – Stellungnahme Juso-HSG TübingenStellungnahme RCDS TübingenStellungnahme LHG Tübingen (Achtung: Links führen teilweise zu Facebook)


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