Studierende in der Krise nicht alleine lassen (Kundgebung am 30.06.2020)

Auf Einladung der GEW/Verdi-Hochschulgruppe hielt am 30.6. auch eine unserer Aktivistinnen eine Rede, die wir mit ihrer Erlaubnis hier dokumentieren.

Am Freitag beschließt der Bundestag ein neues Kohlegesetz, das den Kohleausstieg 2038 festsetzen soll. Bis 2038 wird die, schon lange nicht mehr rentable, Kohleindustrie also künstlich am Leben erhalten. Und womit? Mit staatlichen Subventionen. Statt zukunftsfähige Lehre und Forschung zu finanzieren, wird die Große Koalition das Geld lieber Kohlekonzernen schenken. Das ist absolut nicht verhältnismäßig. 

Die Vorstellung, dass Studis durch BAföG ja finanziell ausreichend versorgt sind, entspricht nicht der Realität. Gerade einmal 12-18% der Studierenden beziehen BAföG. Aber die beziehen ja nicht einmal den Höchstsatz. Skandalös, wenn mensch dann noch die Hürden bei der Antragstellung und die Rückzahlungspflicht betrachtet. 

Eine große Zahl der Studis ist also auf Nebenjobs angewiesen, um sich Miete und Essen leisten zu können. Ein*e Student*in hat in Deutschland ungefähr 820 Euro an Ausgaben im Monat, wenn sie* sich nicht nur von Nudeln mit Pesto ernähren will. Und dann… 

Rund 1 Millionen Studis haben in der Zeit der Corona Krise ihren Job verloren. Viele Studijobs lassen sich leicht kündigen oder sind sowieso so angelegt, dass nur der Stundenlohn gezahlt wird. Gerade diese Jobs sind von der Corona Pandemie hart getroffen. Viele von uns Kellnern, arbeiten auf Messen, Musik- und anderen Veranstaltungen – all das fiel die letzten Monate komplett aus und wird in Zukunft auch wahrscheinlich erstmal nicht wieder so laufen wie zuvor.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung ist dabei keine Problemlöserin. Pressemitteilungen zur angeblichen Lösung für Studis schickt mensch am besten dann ab, wenn sie niemensch liest – also an Feiertagen. Studierende in Not zu unterstützen bedeutet aber nicht, einen KfW Kredit zu „ermöglichen“ – diesen Kredit muss mensch 18 Monate nach Ende der Inanspruchnahme zurückzahlen. Eine Ersti, die jetzt den KfW Kredit für ein Jahr aufnimmt, müsste den also ab dem 6. Bachelorsemester zurückzahlen. Der Nothilfefond, für den Karliczek sich feiern lässt, fasst 100 Millionen Euro. Wie ich schon gesagt habe, haben rund 1 Million Studierende (also 40%) ihren Job verloren – würden die alle von diesem Geld beantragen, wären das nicht mal 100 Euro pro Studi. Diese sogenannte Überbrückungshilfe wird so verteilt: Studierende bekommen nach Beantragung bis zu 3 Monaten monatlich bis zu 500 Euro. Zuerst müssen Studis zur Beantragung alle möglichen Daten weitergeben, von Immatrikulationsbescheinigung bis zu benötigten Selfies mit Personalausweis in der Hand. Dann werden alle Konten durchgecheckt, die dem jeweiligen StuWe bekannt sind und dann bekommt mensch kein Geld, wenn 500 Euro auf dem Konto sind. Das geht nämlich so: wer nichts auf dem Konto hat, bekommt 500 Euro, wer 200 hat, bekommt 300 und wer 500 (oder mehr) hat, bekommt gar nichts.

Während die Armutsgrenze in Deutschland bei 700 oder höher definiert ist, bekommen Studis gerade mal 500 Euro zum Leben, in Tübingen können sich viele Studis für 500 nicht mal ihre Miete leisten. An realen Bedürfnissen geht diese sogenannte Überbrückungshilfe also klar vorbei. Wurde schonmal darüber nachgedacht, dass finanzielle Notlagen bei Studis zu mentalen Krankheiten und Studienabbrüchen führen können? Könnte die sogenannte Eberhard-Karls-Universität sich mal aus ihrem Exzellenz-Delirium hinausbegeben und sich um ihre Studis kümmern, wenn das das Bundesministerium schon nicht hinbekommt? Hier noch ein Beispiel:

2019 wurden über 900 Millionen Euro an BAföG Mitteln nicht abgerufen. Karliczek weigert sich aber, dieses Geld in finanzielle Unterstützung zu stecken. Also: Geld, das ursprünglich für Studis gedacht war, wird jetzt, wo Studis in finanzieller Not sind, nicht für sie ausgegeben, sondern wandern zurück ins Finanzministerium – wirklich toll – damit können jetzt die ganzen Kohlekonzerne bezahlt werden. Danke für nichts.

Wir brauchen jetzt finanzielle Unterstützung! Die 100 Millionen Euro „Überbrückungshilfe“ müssen aufgestockt und mit einem fairen Vergabeverfahren zu einer tatsächlichen Hilfe für Studis werden.

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