sozial gerecht – ökologisch – demokratisch (1/3)

Im Dezember 2020 haben wir anlässlich der Uniwahl Meinungen unserer Aktiven* zu verschiedenen Begriffen veröffentlicht, die beschreiben sollen, welche Konkrete Utopie wir an unserer Universität umsetzen wollen. Während die Begriffe in einer Sitzung abgestimmt wurden, sind die Texte selbst kollektiv entstanden. Sie geben daher nur #Meinung wieder, keine formal beschlossene Positionierung als Gruppe.


Unsere Uni ist … sozial gerecht

Diese Universität sollte uns allen gehören. Aber Zugang zu universitärer Bildung haben immer noch hauptsächlich Menschen aus Akademiker*innen-Familien. Um klassistischer Benachteiligung zu begegnen, braucht es gute Angebote für Beratung und Unterstützung. Vor allem braucht es aber bezahlbaren Wohnraum und finanziellen Support.

Überall Leerstand, nirgendwo freie Zimmer: Wohnungssuche ist – auch außerhalb von Corona-Zeiten – zum Verzweifeln. Tübinger*innen und Student*innen streiten sich um die wenigen Wohnungen. Das StuWe ist hier in der Verantwortung, genug bezahlbaren und guten Wohnraum für Studierende zu schaffen. Wohnprojekte, -initiativen und alternative, demokratische Wohnformen müssen gestärkt werden – wo rechtlich möglich auch durch den Studierendenrat.

Bafög reicht nicht: Weder als Konzept, noch in seiner aktuellen Ausführung ist das Bafög eine Studienfinanzierung. Nicht mal 12% der Studis bekommen es (1), der Höchstsatz ist zu niedrig und unter der Armutsgrenze (2), zu viele unrealistische Bedingungen machen es den Empfänger*innen schwer und dann muss auch noch bis zu die Hälfte zurück gezahlt werden.

Corona-Hilfe: Gemeinsam mit dem @fzs_ev kritisieren wir die student*innenfeindliche Politik der Bundesbildungsministerin Karliczek. Weder der „studifreundliche “ KfW-Kredit (eine Mogelpackung, siehe (3)) noch die „Überbrückungshilfe“, deren Kriterien so eng und intransparent sind, dass fast keine Anträge bewilligt wurden (4), konnten und können in Not geratenen Studis helfen.

Mitarbeiter*innen und Lehrende: Wer an unserer Universität Lehre macht, wird nicht immer gerecht dafür bezahlt. Lehrbeauftrage etwa bekommen teilweise für ein komplettes Semester Arbeit nur 1000 Euro und melden sich während der Semesterferien oft arbeitslos. Für andere folgt Befristung nach Befristung. Wer gute Lehre will, muss diese auch bezahlen. (vgl. Kampagne Frist ist Frust, Bild 2)

Keine Studiengebühren: Ausgerechnet eine Bildungsministerin von Die Grünen führte in Baden-Württemberg wieder Studiengebühren ein – zunächst nur für ausländische Student*innen und alle im Zweitstudium. Mit diesem Fuß in der Tür flammen aber auch Bedenken zu allgemeinen Studiengebühren auf – und das nicht völlig unbegründet. Wir stehen gegen jede Form von Studiengebühren, egal ob bezahlte Einstufungstests, Verwaltungsgebühren, Langzeit- oder nachgelagerte.

(1)https://www.bafoeg-rechner.de/Hintergrund/art-2416-bafoeg-statistik-2019.php
(2) https://www.zeit.de/campus/2018-11/ausbildungsfoerderung-bafoeg-erhoehung-hoechstsatz-hartz-iv-armut-studium
(3) https://bas-ev.de/kredite-fuer-studierende-sind-mogelpackung/
(4) https://www.rnd.de/politik/corona-nothilfe-fur-studenten-wird-kaum-nachgefragt-grune-kritisieren-karliczek-BX7XOVUBZVAPFBZXJKUIO3P3UA.html


Unsere Uni ist ökologisch

Wer in Tübingen beginnt zu studieren, weiß, dass dies eine Öko-Stadt ist. Unsere Uni ist Vorreiterin: Mit dem Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung und dem Studium Oekologicum haben wir schon seit Jahren, wovon andere gerade noch träumen. Die Vielfalt an nachhaltigen Initiativen, wie z.B. die NEZ, Klimagarten, Bunte Wiese oder Papierpilz, ist nirgendwo größer. Auch die GHG ist Vorreiterin: Die Solaranlage auf dem Dach der Mensa Morgenstelle, die von uns initiiert wurde, war eine der ersten auf einem Gebäude unserer Uni.

Die Zeit ist aber nicht stehen geblieben. In vielen Bereichen herrscht weiterhin Bedarf für Veränderung:
Das StuWe bereitet immer noch so viel Fleisch zu, als wäre Wirtschaftswunder, vermüllt die ganze Stadt mit Einweg-Kaffee-Bechern und viele Wohnheime haben auch bessere Tage gesehen. Ein wichtiger Schritt zu einer klimagerechteren Mensa wäre ein größeres veganes Angebot in allen Mensen und Cafeterien.
Die Gebäude der Uni, überall in der Stadt verstreut, auf einen aktuellen, energetischen Standard zu heben, wird eine riesige Anstrengung (fürs Land). Gebäudeisolierungen sowie Konzepte zu Strom und Heizung können weiter verbessert werden. Es ist noch mehr möglich: Solar auf jedem dafür geeigneten Dach, eine Umstellung auf nachhaltigere Energieträger, eine klimagerechte Digitalisierung, die moderne Verfahren nutzt, damit Deine Online-Vorlesung keine CO2-Schleuder ist. Und natürlich: Eine lebenswerte Universität mit grünen Flächen für Studis zum Entspannen und für Insekten als Lebensraum („Bunte Wiese“). Studierende brauchen Raum im Studium, sich für eine lebenswerte Zukunft einzusetzen.

Die Studi*Vollversammlung hat hier bereits ausführlich Forderungen an Uni, VS und StuWe formuliert. Zusammen mit vielen Initiativen/Gruppen z.B. im Bündnis StuVegan setzen wir uns für eine Umsetzung ein.

Es gibt keine Universität auf einem zerstörten Planeten.


Zeichnung: Valdinei Calvento (CC: BY NC) / Modifiziert

Unsere Uni ist demokratisch

Bravo, wir können wählen, aber ändert sich dadurch auch was? Studentische Interessen sind in allen Gremien, die zur Wahl stehen, (strukturell) unterrepräsentiert. Im Senat und Fakultätsrat, weil Professor*innen gesetzlich eine Mehrheit haben, im Studierendenrat, weil dieser kaum in der Lage ist, für die gemeinsame politische Linie auch zu arbeiten.
Dabei gibt es jede Menge studentische Demokratie: In Fachschaften, in der FSVV, in Studi*Vollversammlungen, Arbeitskreisen, Hochschulgruppen und überall in Tübingen, wo Menschen sich einbringen, auf die Straße gehen oder sonstwie aktiv sind. Als Studierende haben wir eigentlich viele Ziele und Wünsche für unser Studium und die Uni gemein, aber selten schaffen wir es, sie auch gemeinsam anzustreben und umzusetzen. In den gewählten Gremien kommt immer noch zu wenig an.

Das Rektorat trifft oft Entscheidungen in Hinterzimmern, ohne dass Studierende auch nur Einblick haben. Die Macht der Rektorate ist während der Corona-Krise weiter gestiegen. Das dürfen wir nicht einfach hinnehmen.

Hochschuldemokratie fängt bei den Studierenden an. Die gewählten Gremien müssen deshalb Vollversammlungen, Arbeitskreise und Fachschaften respektieren. Die Perspektiven, die durch Studierende eingebracht werden, gehören in die Gremien. Wer Studierende bei Entscheidungen ausschließt oder bevormundet, ignoriert die größte Gruppe an unserer Universität.

Die GHG tritt für eine gemeinsame Studierendenvertretung ein, die diese Grenzen überwindet und auf allen Ebenen zusammenarbeitet; in der sich alle, ganz nach ihren Wünschen, dort einbringen können, wo und wie sie es wollen. Ohne Erlaubnis der Rektors oder eines StuRa.
Unsere konkrete Utopie ist eine basisdemokratisch organisierte Universität, in der alle so lange sie für sinnvoll halten, mit so vielen Prüfungswiederholungen wie sie brauchen, das studieren können, worauf sie Lust haben. Wissenschaft und Lehre mit Zeitbeschränkung ist nicht frei.

Hierarchien abbauen, Studierendenvertretung machen!

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